Verstorbene Mitglieder

Alt- und Ehrenpräsident der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt

Zum Gedenken an den Philosophen Prof. Dr. Dr. h.c. Werner Beierwaltes (1929-2019), Mitglied der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt mit Sitz und Stimme in der Klasse seit dem Jahr1996.

Am 22.02.2019 verstarb in Würzburg Werner Beierwaltes

Werner Beierwaltes zählt zu den bedeutendsten und einflussreichsten Forschern im Bereich der Platonismusforschung. Sein Werk stellt einen Höhepunkt in der seit Schelling und Hegel zu beobachtenden Rehabilitierung des Platonismus gegen die in der Aufklärung erhobenen Vorwürfe dar, Platonismus sei gekennzeichnet durch ‚Schwärmerei’ und Irrationalität.

Als Forscher verband Werner Beierwaltes philologische Akribie mit einem grundlegenden, systematischen Interesse an der Metaphysik, die er als durch den antiken Platonismus geprägt ansah. Beierwaltes sah im Platonismus eine Verbindung aller antiken Erkenntnisse der Philosophie, aber auch der Dichtung und des Mythos, die er systematisch durchdringen und einer als eher orientierungslos empfundenen Gegenwart vermitteln wollte. Durch seine vor allem systematisch-philosophischen Fragestellungen zur Metaphysik und ihrer Wahrheit eröffnete Beierwaltes neue Perspektiven für die Forschung und verhalf zu einem besseren Verständnis von herausragenden Figuren des antiken Platonismus wie Plotin und Proklos und deren großen Wirkung weit über die Antike hinaus bis hin zum Idealismus und in die Moderne. Mit Blick auf die starke Integrationskraft des Platonismus gegenüber philosophischen und religiösen Strömungen arbeitete Beierwaltes eindrucksvoll das besondere Verhältnis von Platonismus und Christentum heraus und zeigte, dass es sich beim christlichen Platonismus um eine eigene metaphysische Weltsicht handelte.

Werner Beierwaltes wurde am 8. Mai 1931 in Klingenberg in Franken geboren, besuchte ab 1941 die Oberrealschule für Jungenund ab 1947 das Humanistische Gymnasium in Klingenberg. Früh schon entdeckte er seine Liebe zur Musik und pflegte insbesondere das Orgelspiel. Vom Wintersemester 1950 an studierte er an der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität Klassische Philologie, Philosophie und Germanistik und wurde im Jahre 1957 mit einer vom Gräzisten Rudolf Pfeiffer betreuten Arbeit über die Lichtmetaphorik der Griechen promoviert(Lux intelligibilis. Untersuchungen zur Lichtmetaphysik der Griechen, Diss. München 1957). Großen Einfluss auf ihn hatten die Philosophen Romano Guardini und Henry Deku. Nach seiner Referendarzeit in München und Landshut wurde er Assistent von Rudolph Berlinger an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg. Dort habilitierte sich Werner Beierwaltes 1963 mit einer Arbeit zur Metaphysik des Neuplatonikers Proklos im Fach Philosophie (Proklos. Grundzüge seiner Metaphysik, Frankfurt am Main 1965, 3. Aufl. 2014). Diese Habilitationsschrift erwies sich für das systematische Verständnis dieses bedeutenden neuplatonischen Philosophen und des späten Neuplatonismus insgesamt als grundlegend und wegweisend. Schnell ließ Werner Beierwaltes die kommentierte Übersetzung eines Traktates Plotins über die Zeit (Plotin. Über Ewigkeit und Zeit. (Enneade III7), übersetzt, eingeleitet und kommentiert von W. Beierwaltes, Frankfurt am Main 1967, 5., ergänzte Aufl. 2010) folgen, der er eine erhellende Einführung zum Thema mitgab. Diese beiden Werke und weitere Publikationen legten den Grundstein für eine beeindruckende akademische Karriere. 1969 wurde er an die Westfälische Wilhelms-Universität in Münster, 1974 an die Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg und 1982 an die Ludwig-Maximilians-Universität in München berufen, wo er zahlreiche Schüler um sich scharte und bis hin zu seiner Emeritierung 1996 als Ordinarius am Institut für Philosophie wirkte. Einige Zeit nach seiner Emeritierung kehrte Werner Beierwaltes nach Würzburg zurück, wo er viele Kontakte pflegte. Trotz des schweren Schicksalsschlages durch den Tod seiner Frau im Jahr 2002, den er eigentlich nie recht überwunden hat, war er weiterhin von beeindruckender Schaffenskraft, bis er am 22. 02 2019 im 88. Lebensjahr nach langer Krankheit starb.

Werner Beierwaltes erfuhr vielfache nationale und internationale Ehrungen. So war er u.a. seit 1974 Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und Künste in Düsseldorf, seit 1986 ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und seit 1996 Mitglied der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt. Er war Vorsitzender der Cusanus-Kommission der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Ehrenmitglied der Royal Irish Academy in Dublin und korrespondierendes Mitglied der Accademia Senese degli Intronati. Zu weiteren Ehrungen gehören die Verleihung des Kuno-Fischer-Preises der Universität Heidelberg (1991), des Reuchlin-Preises der Stadt Pforzheim (1993). Im Jahr 1998 wurde ihm das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und im Jahr 2002 der Bayerische Verdienstorden verliehen. Werner Beierwaltes war außerdem Träger des Premio Roncesvalles de Filosofia der Universität von Navarra und Ehrendoktor der Universität Ioannina (Griechenland).

Diese Ehrungen würdigen die große wissenschaftliche Leistung des Philosophen Werner Beierwaltes. Als eine Grundfrage seines Denkens und seiner Werke darf man wohl jene Frage nach dem ‚Einen’, nach seiner Beziehung zur Vielfalt der Welt und nach der Möglichkeit, dieses Eine zu denken, ansehen: Der Titel eines seiner Hauptwerke ‚Denken des Einen’ (Denken des Einen. Studien zur neuplatonischen Philosophie und ihrer Wirkungsgeschichte, Frankfurt am Main 1985, 2. Aufl. 2016, aufgezeichnet mit Kuno Fischer Preis Heidelberg) ist Programm und steht für die Suche nach Einheit in der Vielheit (Identität und Differenz, Frankfurt am Main 1980), die Platons Denken bestimmt, und als Frage nach der Einheit selbst zu einem zentralen Problem des Platonismus wird und auch für das von Beierwaltes eindrücklich diskutierte Verhältnis von Platonismus und Christentum von großer Relevanz ist (z.B. Platonismus und Christentum, Frankfurt am Main 1998, 3. erw. Aufl. 2014). In diesem Zusammenhang hat Beierwaltes die durch die Unsagbarkeit und Undenkbarkeit des obersten Prinzips bedingte Bedeutung der negativen Theologie und der Mystik im Platonismus intensiv beschäftigt. Auch hier verdanken wir ihm wegweisende Erkenntnisse nicht zuletzt mit Blick auf das von einer eigenen Dynamik geprägte Verhältnis des späten Platonismus zum Christentum. Auch zu Platon selbst verdanken wir Werner Beierwaltes wichtige Einsichten (Fußnoten zu Plato, Frankfurt am Main 2011). Seine Platonlektüre ist ebenso beeindruckend wie seine Spurensuche platonischer Tradition bei zentralen Autoren wie z.B. Augustinus, Eriugena, Thomas oder Nikolaus von Kues (Eriugena. Grundzüge seines Denkens, Frankfurt am Main 1994.Catena Aurea. Plotin, Augustinus, Eriugena, Thomas, Cusanus, Frankfurt am Main 2017)und natürlich bim Platoniker Ficino.

Wer das Glück hatte, Werner Beierwaltes zu kennen, ihm zuhören oder mit ihm diskutieren zu können, war beeindruckt nicht nur von seiner breiten Gelehrsamkeit, die sich neben der Philosophie auf Literatur, Musik oder Kunstgeschichte erstreckte, sondern nicht zuletzt von seiner großen Menschlichkeit und Freundlichkeit, seiner humanitas, die ihn allen immer offen und zugewandt begegnen ließ. Sein Tod ist in jeder Hinsicht ein großer Verlust.

Die Akademie wird Ihrem Mitglied ein ehrendes Andenken bewahren.

Geboren am 2. April 1954 in Erfurt, blieb er zeitlebens ein Erfurter. Nach Abitur am Gymnasium Himmelspforte 1972, damals Erweiterte Oberschule, Wehrdienst und Tätigkeit in der Erfurter Krankenhausverwaltung nahm er 1975 sein Studium an der Universität Jena auf, das er 1980 mit Diplom und Staatsexamen abschloß. Danach war er an der Medizinischen Akademie Erfurt in der Abteilung Geschichte der Medizin bis 1989 Wissenschaftlicher Assistent, wurde 1987 an der Universität Jena promoviert und habilitierte sich 1997 an der Universität Dortmund. Von 1990 bis 1993 war er an der Medizinischen Akademie in Erfurt Wissenschaftlicher Oberassistent und wurde 1994 zum kommissarischen Leiter des Instituts für Geschichte der Medizin an der Universität Jena berufen, dem er seit 1998 als Privatdozent vorstand.

Als Mann der ersten Stunde wurde er am 9. Februar 1990 Ordentliches Mitglied in der Geisteswissenschaftlichen Klasse der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt, deren nach der politischen Wende wiederaufgenommene Arbeit er von Anfang an als Sekretar, seit 2000 als Generalsekretar begleitete und maßgeblich prägte. Bereits 1997 ehrte ihn die Akademie mit ihrer Verdienstmedaille. Neben seiner umfassenden Tätigkeit in der universitären Lehre im Fach Geschichte der Medizin machte er sich in Wissenschaft und Wissenschaftsorganisation sowie in der Strukturierung der akademischen Arbeit, die sich seit bald dreißig Jahren über beide Klassen der Akademie und außerdem auf ihre Abteilungen Verlag, Archiv und Bibliothek erstreckte, unentbehrlich. Allein sein Biobibliographisches Handbuch, mit dem er die 250 Jahre Akademiegeschichte seit ihrer Gründung im Jahr 1754 erschlossen hat und mit dem er seine Akademie im Jubiläumsjahr 2004 beschenkte, ist ihr ein stolzes Vermächtnis. Darüber hinaus lagen die Mitteilungen der Akademie, seit dem Jahr 2000 als Jahrbuch, die Sitzungsberichte der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen und der Geisteswissenschaftlichen Klasse, die Sonderschriften der Akademie, die Acta Academiae Scientiarum sowie die Subsidia Academica mit in seinen Händen.

Sein viel zu früher unermeßlicher Verlust hat den Senat der Akademie auf erschütternde Weise getroffen. Die Gesamtakademie wird ihn in ehrendem Gedächtnis behalten.

Nachruf auf Prof. Dr. Detlef Lotze

(14.11.1930 – 20.09.2018)

Die Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt trauert um ihr langjähriges Mitglied Prof. Dr. Detlef Lotze.

Detlef Lotze wurde am 14. November 1930 in Halle an der Saale geboren. Nach dem Abitur am humanistischen Gymnasium in Halberstadt studierte er seit 1949 in Jena Klassische Philologie und Geschichte. Im Jahre 1953 schloß er sein Studium bei Friedrich Zucker und Karl Barwick ab. Seit 1954 fungierte Detlef Lotze für fünf Jahre als wissenschaftlicher Assistent am Seminar für Alte Geschichte. In dieser Zeit, 1956, promovierte er mit der Arbeit „Μεταξὺ ἐλευθέρων καὶ δοῦλων. Studien zur Rechtsstellung unfreier Landbevölkerungen in Griechenland bis zum 4. Jahrhundert v. Chr.“. 1959 wurde Detlef Lotze zum Oberassistenten ernannt. Es folgte die Habilitation im Jahre 1962 mit der Arbeit „Lysander und der Peloponnesische Krieg“; Gutachter waren Günther Klaffenbach aus Berlin und – einmal mehr – Friedrich Zucker.

Am 1. September 1963 wurde Detlef Lotze zum Dozenten für Alte Geschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena berufen. Als solcher war er der ranghöchste Vertreter seines Faches an der Universität. Ein Ordinariat oder Extraordinariat gab es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr, und es wurde für Detlef Lotze auch nicht geschaffen – dafür stand er dem SED-Regime zu fern. Erst im Zuge der friedlichen Revolution in der DDR wurde er zum außerordentlichen Professor für Alte Geschichte berufen. An der Neuorientierung der Friedrich-Schiller-Universität nach 1989/90 hat Detlef Lotze aktiv mitgewirkt. Von 1991 bis 1993 fungierte er als Dekan der Philosophischen Fakultät. Jetzt auch, 1993, wurde er als ordentlicher Professor an den neugeschaffenen Lehrstuhl für Alte Geschichte berufen und wirkte hier bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1996.

Detlef Lotze war ein führender Vertreter seines Faches im Bereich der griechischen Geschichte. Seine Doktorarbeit ist noch zu DDR-Zeiten in einer amerikanischen Reihe nachgedruckt worden; seine Habilitationsschrift zu Lysander ist im Grunde nicht ersetzt und deshalb bis heute Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit dem berühmten spartanischen Feldherrn. Das kleine Beck-Wissen-Büchlein zur griechischen Geschichte hat Generationen von Studenten bei der Examensvorbereitung begleitet und liegt inzwischen in neunter Auflage vor. Wie selbstverständlich avancierte Detlef Lotze nach der Wende zu einem ordentlichen Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts und zum Mitglied von dessen Zentraldirektion.

Detlef Lotze wurde am 18. November 1993 als Mitglied der Geisteswissenschaftlichen Klasse in die Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt gewählt. Die Akademie wird ihrem verstorbenen Mitglied ein ehrendes Andenken bewahren.

Der Ehrensenator der Akademie und Veterinärmediziner, Horst Meyer, arbeitete viele Jahre in leitender Funktion am Jenaer Institut für bakterielle Tierseuchenforschung/Institut für Veterinärmedizin am Bundesgesundheitsamtes und Nachfolgeeinrichtungen und war seit dem 15. Oktober 1992 Mitglied der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt und Angehöriger der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Klasse. Horst Meyer arbeitete von 1995 bis 2002 im Senat der Akademie mit und wurde 2005 als Ehrensenator ausgezeichnet.

Die Akademie wird ihrem Mitglied ein ehrendes Andenken bewahren.

Der Mathematiker und Mathematikhistoriker der Universität Jena, Olaf Neumann, war seit dem 24. Juli 1997 Mitglied der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt und Angehöriger der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Klasse.

Die Akademie wird ihrem Mitglied ein ehrendes Andenken bewahren.

Renate Klöcking gehörte zu den Wissenschaftlern, die bereits im November 1989 im Auftrag der Altmitglieder den Boden für die Wiederaufnahme der Arbeit der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften vorbereiteten und am 9. Februar 1990 in die Akademie zugewählt wurden. Renate Klöcking lehrte an der Medizinischen Hochschule Erfurt und später an der Universität Jena sowie an der Hochschule Zittau/Görlitz insbesondere Biochemische Virologie und Medizinische Biologie. In der Akademie arbeitete sie in der Kommission für spezielle Umweltfragen mit, leitete hier die Projektkommission "Huminstoffe" und war auch Mitglied der Kommission Molekulare Evolution.

Die Akademie wird ihrem Mitglied Renate Klöcking ein ehrendes Andenken bewahren.

Der Zoologe der Universität Hamburg und Altpräsident der Joachim-Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften Hamburg Otto Kraus war seit dem 31. Mai 2006 Mitglied der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt und Angehöriger der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Klasse.

Die Akademie wird ihrem Mitglied ein ehrendes Andenken bewahren.